Physiotherapeutisch auf den Hund gekommen
Erste Praxis für Herrchens Lieblinge in Altdorf – Behandlung ähnlich wie beim Menschen
Heike Anic-Roth betreibt in der Altdorfer Collegiengasse 2 die erste physiotherapeutische Praxis für Hunde im Nürnberger Land. Der Bote unterhielt sich darüber mit ihr.
Was ist unter Physiotherapie für Hunde zu verstehen?
Angepasst an die Bedürfnisse der Vierbeiner werden von der Krankengymnastik über Massagen bis zu Übungen der Muskelkräftigung und -dehnung Therapien angewandt, die für uns Menschen selbstverständlich zur Physiotherapie gehören. Was ich anbiete, ist keine Wellnessbehandlung für Hunde, sondern eine Ergänzung zur tiermedizinischen Behandlung. Ich kann damit auch Tieren helfen, die nur noch Schmerzmittel erhalten. In Holland und in der Schweiz ist Physiotherapie für Hunde schon sehr etabliert, in Deutschland steckt sie noch in den Kinderschuhen. Physiotherapie für Tiere wird hier bisher vor allem bei Sportpferden akzeptiert. Ich werde teilweise noch belächelt und muss Pionierarbeit leisten.
Welchen beruflichen Hintergrund haben Sie?
Seit 1987 arbeite ich als ausgebildete Physiotherapeutin in der Praxis mit, die meine Mutter vor 24 Jahren in Altdorf gründete. Ich bin mit Hunden aufgewachsen, liebe sie und wollte schon immer etwas mit diesen faszinierenden Tieren machen. Als der Berufsverband der Physiotherapeuten im vergangenen Jahr erstmals eine Zusatzausbildung für Tierphysiotherapie anbot, nutzte ich diese Chance. Mit 16 Teilnehmern aus ganz Deutschland absolvierte ich die umfangreiche Ausbildung mit Kursen in Deutschland und Holland. Voraussetzung für alle war die Ausbildung als Humanphysiotherapeutin und Berufserfahrung, wie ich sie habe.
Bei welchen Erkrankungen empfehlen Sie physiotherapeutische Behandlungen?
Das sind solche, die sich nach Operationen ergeben und degenerative Erkrankungen. Angeborene Krankheiten nehmen massiv zu, da bei der Zucht in erster Linie auf die Schönheit der Tiere Wert gelegt wird. Der Hund ist zum Begleittier geworden und kein Arbeitstier mehr. Ein weiterer Trend ist die Zunahme von operativen Eingriffen bei Hunden. Hier ist medizinisch inzwischen sehr vieles machbar. In Absprache mit den Tierärzten und aufgrund der Operationsunterlagen biete ich nach solchen Eingriffen eine adäquate Behandlung an. Die hilft den Vierbeinern dann zum Beispiel nach dem Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks, nach einer Bandscheibenoperation, bei Rheuma oder Arthrose. Fast alle Techniken, die wir beim Menschen anwenden, können wir auch beim Hund einsetzen, um Muskeln zu kräftigen, Gelenke zu mobilisieren.
Gibt es Unterschiede bei der Behandlung?
Narben heilen beim Hund viel schneller als beim Menschen, die Regenerationsphase ist wesentlich kürzer..Die Tiere sind zudem wahnsinnig motiviert, mitzumachen. Allerdings hat eine Behandlung nur Erfolg, wenn Hund und Herrchen gemeinsam mit mir zusammen arbeiten. Denn ich gebe zwar die notwendigen Übungen vor, erst ihre Wiederholung macht aber den Erfolg aus. So bekommen Zwei- und Vierbeiner Hausaufgaben auf. Die Besitzer wissen so, was sie täglich mit ihrem Hund für Übungen machen können. Meine bisherigen Patienten reagieren übrigens sehr positiv, weil sie am eigenen Leib spüren, wie gut ihnen die Behandlungen tun. Die Bereitschaft bei diesen Hundebesitzern, etwas Neues auszuprobieren, ist sehr hoch.
Wie umfangreich sind die Behandlungen der Vierbeiner?
Durchschnittlich sechs bis zehn Behandlungen sind nach einer Operation notwendig, bei chronischen Erkrankungen kann es länger dauern. Zu Beginn nehme ich mir eine Stunde Zeit, um einen ausführlichen Befund zu erstellen. Die Behandlungen selber dauern jeweils rund 30 Minuten. Dabei ist es für mich sehr wichtig zu erkennen, wann es den Tieren zu viel wird, deshalb achte ich gut auf alle Signale. Die Hunde zeigen sehr deutlich, was sie als angenehm empfinden. Sie entspannen sich ganz toll, bei Massagen schlafen sie häufig sogar ein. Die Besitzer tragen durch ihre aktive Mitarbeit im Therapieverlauf zu Hause entscheidend zur raschen Genesung der Tiere bei.
